Carl Reinecke übersendet Ausschnitte aus seinem neuen "Büchlein" und bittet um die
Beurteilung, ob es von Breitkopf & Härtel herausgegeben werden kann oder nicht
Transkript
Leipzig, 13. Februar 1909
Sehr geehrte Herren!
Ich erlaube mir, Ihnen anbei einstweilen nur einen Theil meines angekündigten Büchleins zu übersenden, einerseits, weil mir noch gar manches
Material fehlt, andrerseits – und das ist der Hauptgrund – weil ich nicht weiter arbeiten
möchte, wenn die ganze Idee Ihnen als eine verfehlte erscheinen sollte. Wenn es auch
seit längerer Zeit ein Lieblingsgedanke von mir war, ein solches Werkchen zusammen
zu stellen und wenn ich auch glaubte, daß es \ein/ nettes Weihnachtsgeschenk abgeben könnte, so bleibt es
doch sehr fraglich ob es einen Verleger interessiren oder gar reizen kann. Können
Sie sich mit der Sendung des Werkes von vornherein nicht befreunden, so ist die Sache
ja schnell erledigt, indem Sie mir das Manuscript / einfach zurück senden. Sollten Sie dagegen die Herausgabe des Buches nicht ohne weiteres
verwerfen, möglicherweise aber die Anordnung, die Ausführung, die Wahl der Beispiele,
die zu große oder zu geringe Ausdehnung etwa nicht richtig finden, so würde ja eine
Verständigung leicht herbei zu führen sein. Einige Zeichnungen sende ich Ihnen mit,
damit Sie auch darin einen Einblick gewinnen; freilich würde ich sie mir später zurück
erbitten müssen. Auf meiner Liste stehen einstweilen noch folgende Namen: Peter Cornelius,
Weingartner, Lortzing, Kienzl, Max Bruch, Bungert, Ferd. David, Ferd. Hiller, Johanna Kinkel und I myself. Ausländer wie Boito, Leoncavallo, Benedetto Ferrari
(1507-1681) [!], Berlioz etc würden wohl nur in / [77] einem Schlußworte zu erwähnen sein, wie dann überhaupt noch gar Manches zu bedenken
wäre.
Mit hochachtungsvollen Grüßen Ihr ergebener Carl Reinecke
