D-LEsta, 21081 Breitkopf & Härtel, Leipzig, Nr. 2802, Bl. 53/54/55
- Titel
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- 190-11-21 Carl Reinecke an Breitkopf & Härtel
- Signatur
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- D-LEsta, 21081 Breitkopf & Härtel, Leipzig, Nr. 2802, Bl. 53/54/55
- Ort des Bestandes
- Bestand
- Absender
- Ort des Absenders
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- Leipzig
- Empfänger
- Ort des Empfängers
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- Leipzig
- Sprache
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- Deutsch
- Inhalt
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- Carl Reinecke weist auf die Qualität seiner Ausgabe von Mozarts Klaviersonaten hin und zeigt sich irritiert, dass diese nicht weiter verlegt werden soll
- Transkript
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- Leipzig, 21. November 1907
Sehr geehrte Herren!
Soeben erfahre ich, daß Sie beabsichtigen meine Ausgabe der Mozart’schen Clavier-Sonaten im Pariser Format eingehen zu lassen, da Sie die Resulttate meiner Arbeit in Ihre Volks-Ausgabe No. 217 hinüber genommen hätten. Sollten Sie diese Absicht zur Ausführung bringen, so würde mir das außerordentlich leid thun, da das wirklich Werthvolle meiner Ausgabe in der genannten Volks-Ausgabe -nicht
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enthalten ist. Diese ist wieder in der Urschrift Mozart’s gestochen, und somit stehen Schüler (und wie viele Lehrer auch) abermals vor den Räthseln, an deren Lösung ich viele lange Jahre durch Forschen, nicht in Büchern, sondern in M[ozart]’s eigenen Werken gearbeitet habe. Sie werden es verstehen, daß es mir schmerzlich sein muß, wenn ein solch Theil meiner Lebensarbeit verloren gehen soll. So wenig Sinn es haben würde, wenn man in \einer/ neuen Ausgabe
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Goethe’s Orthographie („Mädgen“, „seyn“, „bind“, „steynern“ etc.) anwenden wollte, so wenig zweckmäßig ist es, jetzt noch die Mozartsche Schreibweise anzuwenden, welcher selbst viele Lehrer fremd und unsicher gegenüber stehen, wie ich dies seiner Zeit als Studiendirector im Conservatorium wahr nahm. Goethe’s Orthographie könnte immerhin zu Mißverständnissen nicht Anlaß geben, während dies bei der Mozart’schen in hohem Grade der Fall ist. Ich meine, daß es besser ist wenn die Mozart’schen Sonaten
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nach meiner Ausgabe richtig, als wenn sie nach dem Urtext unrichtig gespielt werden. Und daß meine Niederschrift die richtige ist, darf ich ohne Ueberhebung behaupten, da ich sie, wie schon gesagt, aus M[ozart]’s Werken selbst mit unablässigem Fleiße abstrahirt habe. Die „Edition Peters“ von M[ozart]’s Sonaten ist jetzt durch eine Verzierungstabelle von Ruthardt bereichert worden, deren Anweisungen (so weit ich sie habe vergleichen können) einenunverkennbare Aehnlichkeit mit den meinigen in Ihrer Ausgabe haben,
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während die Verlagshandlung vor Nachdruck dieser Tabelle warnt.
Sollten Sie indeß Ihrer Absicht treu bleiben, so möchte ich Sie auf alle Fälle bitten, die Volks-Ausgabe von einem wirklichen Musiker revidiren zu lassen, da ich bei nur flüchtiger Durchsicht auf gar manche Fehler aufmerksam wurde.
Verzeihen Sie diese etwas lange Epistel
Ihrem stets treu ergebenen
Carl Reinecke
- Leipzig, 21. November 1907
- Umfang
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- 3 Blätter, 5 Seiten
- Bemerkung
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- Handschrift
- Datum
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- 21.11.1907
- Personenreferenz
- Schlagworte
- Bearbeiter
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- mayer
- Bearbeitungsstatus
-
- fertig
- Statische URL
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