D-LEsta, 21081 Breitkopf & Härtel, Leipzig, Nr. 2800, Bl. 24/25
- Titel
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- 1902-01-27 Carl Reinecke an Breitkopf & Härtel
- Signatur
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- D-LEsta, 21081 Breitkopf & Härtel, Leipzig, Nr. 2800, Bl. 24/25
- Ort des Bestandes
- Bestand
- Absender
- Ort des Absenders
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- Leipzig
- Empfänger
- Ort des Empfängers
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- Leipzig
- Sprache
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- Deutsch
- Inhalt
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- Carl Reinecke bittet um Notenmaterial für das Carl-Loewe-Album und gibt seine Einschätzung zu einer Felix Mendelssohn Bartholdy zugeschriebenen Symphonie sowie zu einer unklaren Stelle in einem Beethoven-Streichquartett ab
- Transkript
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- Leipzig, 27. Januar 1902
Sehr geehrte Herren!
Für das Loewe-Album erbitte ich die beiden Sonaten Op. 41 und 114, aus welchen ich einzelne Sätze für das Album sehr gut verwenden kann. Da diese aber nicht genügen würden um circa 100 Seiten zu füllen, so wäre es mir sehr lieb, wenn alles übrige Erreichbare herbeigeschafft werden könnte. Im Uebrigen müßten dann die Uebertragungen von Balladen den Band vervollständigen.
Was die angeblich von Mendelssohn herrührende Symphonie anlangt, so ist, meiner
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Ansicht nach, kein Anhalt für die Echtheit in dem Werke selbst zu entdecken, denn von der Eigenart M’s, die doch schon in manchen seiner frühesten Werke z. B. in seinem Op. 3 so auffallend zu Tage tritt, ist hier nichts zu spüren. Nur die große Tüchtigkeit und der Ernst, mit der das Werk geschrieben ist, könnten dafür sprechen, daß die Partitur wirklich von M. herrühre, ebenso der eigenthümliche Umstand, daß die Menuett, die sonst stets im 3/4 Takt geschrieben ward und wird, hier im 6/8 Takt steht, was nämlich auch in M’s erster Symphonie Op. 11
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der Fall ist, nur mit dem rein äußerlichen Unterschied, daß sie in letzterem Werke in 6/4 geschrieben ist. Anderseits befremdet es wieder, daß M. ein Werk, welches nur für Streich-Orchester componirt ist, als Symphonie sollte bezeichnet haben, was ebenfalls wider den Brauch ist. Aber selbst wenn sich die Echtheit beweisen ließe, würde ich der Ansicht sein, daß es nicht im Sinne des Meisters sein könnte, wenn man sein Jugendwerk jetzt, nach 78 Jahren, veröffentlichen wollte. So tüchtig es auch ist, so ist es doch ganz conventionell und würde dem Ansehen des Meisters, auf den man
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ohnehin in der Gegenwart schon mit einer unverantwortlichen Geringschätzung herabsieht, schaden.
Was die fragliche Stelle im Beethoven’schen Quartette anlangt, so kann meiner Ansicht nach nur das Autograph entscheiden, und glaube ich, daß Ferdinand David seiner Zeit die Autographen der Quartette als Vorlage hatte. Die Correctur hat allerdings viel für sich, obgleich durch dieselbe eine herbe Dissonanz entsteht, die allerdings auch früher schonfrüherda war, aber nicht in so hoher Lage. Uebrigens hat Beethoven bei Parallelstellen häufig Aenderungen vorgenommen, so daß man sich sehr vor dem unbedingten Applaniren hüten muß.
In vorzüglicher Hochachtung
Carl Reinecke
- Leipzig, 27. Januar 1902
- Umfang
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- 2 Blätter, 4 Seiten
- Bemerkung
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- Handschrift
- Reinecke irrt: Bei Carl Loewes Op. 114 handelt es sich um die Ballade "Der Mönch zu Pisa".
- Datum
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- 27.01.1902
- Personenreferenz
- Werkreferenz
- Schlagworte
- Bearbeiter
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- mayer
- Bearbeitungsstatus
-
- fertig
- Statische URL
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