Carl Reinecke gibt seine Einschätzung zu Alfonso Rendanos Oper "Consuelo" ab und erkundigt
sich nach dem Druck seines Streichtrios op. 249
Transkript
Leipzig, 10. Juli 1901
Sehr geehrte Herren!
Erst gestern Abend von einer Reise zurückgekehrt finde ich Ihre letzten freundlichen
Zeilen vor, und beeile mich nun, dieselben zu beantworten. Von der Oper des Herrn
Alfonso Rendano habe ich die drei ersten Akte kennen gelernt, und muß ich bekennen,
daß diese den durchaus tüchtigen, vornehm und ernst gestimmten Musiker erkennen lassen;
da das Werk jedoch fast ausschließlich declamatorischen Gesang enthält und da die
Musik sich stets eng an / die Handlung und an das Wort anklammert so steht mir ein endgültiges Urtheil über
das Werk nicht zu, da ich die Handlung nur ganz oberflächlich kennen lernte und da
ich der italienischen Sprache nur in sehr geringem Grade mächtig bin und demgemäß
nicht beurtheilen kann wie weit sich Wort und Ton decken. Absolute Handlung \Musik/, die, abgelöst von der Bühne, einen erfreuen könnte, enthält das Werk kaum. / 14) Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir die ergebene Anfrage, ob mein Streich-Trio,
welches wohl seit über acht Monaten in Ihrem Besitz ist, bald in Stich gegeben wird?
Mit 77 Jahren hat man nicht mehr das Recht in eine ferne Zukunft zu blicken und gewiß
werden Sie es begreiflich finden, wenn ich wünsche, das Erscheinen des Werkes noch
zu erleben.
Mit hochachtungsvollem Gruße Ihr ganz ergebener Carl Reinecke
