Carl Reinecke schlägt einen Termin für eine Konferenz vor und berichtet über einen
Konflikt mit einer Sängerin
Transkript
Geehrter Herr Consul!
Ich muß Morgen um 6 Uhr im Concerte des Lehrer-Gesang-Vereines spielen und kann daher unmöglich um 5 Uhr
noch in die Conferenz kommen. Am Sonntag halb 11 Uhr haben wir im neuen Gewandhause
Extra-Probe (Sinfonietta von Gouvy und eine andere Novität: Ouverture zu „Palnatoke”
von Herrn von Dahl). vielleicht könnten wir da ein Stündchen (S. 47, Bl_033) vorher im neuen Gewandhause conferiren. Mit Frl. Wooge, welche mir schon mehre [!]
impertinente Briefe geschrieben, habe ich schon genügend correspondirt, so daß ich auf den an die Concert-Direction nicht mehr antworten kann. Es ist eine unglaubliche
Keckheit von ihr zu behaupten, daß sie sich unter der Bedingung, daß sie unbedingt
für Frau Baumann eintreten würde, bereit erklärt habe, in der Montags-Probe zu singen,
da ich sie, weil sie auch im Bette lag, garnicht gesehen habe, dagegen ihrer Schwester mit klarsten Worten gesagt habe, daß ich nicht die geringste Verbindlichkeit übernehmen könne, daß sie für Frau Baumann
eintrete. Wenn die Schwester das jetzt etwa nicht verstanden haben will, so ist das nicht
meine Schuld, denn deutlicher kann man es nicht sagen, als es meinerseits geschah
und <x> ich darf wohl hoffen, daß (S. 48, Bl_033v) die Herren der Concert-Direction meiner Ausage unbedingt trauen. Uebrigens habe ich
Frl. Wooge gleich nach der Probe einen Brief geschickt und ihr später \auch/ die Gründe geschrieben,
nämlich: „daß man die Folgen ihrer Krankheit noch an der Stimme spüre”, sie sang nämlich
nicht ganz rein und tremolirte.
