D-LEsa 1.3.5.0130.6.1833 Nr. 743
- Titel
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- 1889-11-12 Carl Reinecke an die Gewandhaus-Konzertdirektion
- Signatur
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- D-LEsa 1.3.5.0130.6.1833 Nr. 743
- Ort des Bestandes
- Bestand
- andere Nummerierung
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- Nr. 743 (S. 86, Bl_051)
- Absender
- Ort des Absenders
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- Leipzig
- Empfänger
- Ort des Empfängers
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- Leipzig
- Sprache
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- Deutsch
- Inhalt
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- Carl Reinecke äußert seinen Unmut über die erneute Absetzung der Aufführung seiner "Sommertagsbilder" und sagt seine Mitwirkung beim Mozart-Gedenkkonzert ab. Außerdem teilt er mit, dass er künftig keine eigenen Werke mehr in den Gewandhaus-Konzerten aufführen möchte und lehnt einen bereits gewährten Urlaub ab.
- Transkript
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- Leipzig, 12. November 1889
Hochgeehrte Concert-Direction!
In der vorigen Concertsaison war die Aufführung meiner Composition „Sommertagsbilder” für Chor und Orchester beschlossen, später aber, ohne mir einen Grund dafür anzugeben, wieder vom Programm abgesetzt worden; in dieser Saison war das Werk für den 30st. Januar angesetzt, da aber Max Bruch aus verschiedenen Gründen gerade an diesem Tage sein für den 19t. December d[es] J[ahres] angesetztes „Feuerkreuz” auszuführen wünschte, so tauschte ich auf Wunsch der Concert-Direction mit Max Bruch und somit ward für den 19t. Dec[ember] d[es] J[ahres] mein obengenanntes Werk angesetzt; auf specielles Befragen des Herrn Präses, wie ich das Programm ferner ausgefüllt wünsche, bat ich den zweiten Theil mit der A-dur-Symphonie von Beethoven ausfüllen zu dürfen; jetzt wurde, ohne mir irgend welche Mittheilung zu machen Frau Sembrich für den 19t. Dec[ember] engagirt
(S. 87, Bl_052)
und dadurch nicht allein mein Werk zum dritten Male abgesetzt, sondern auch dadurch die Unmöglichkeit geschaffen, demselben in diesem Winter noch einen geeigneten Platz zu geben. Abgesehen davon, daß ich (der ich doch in der musikalischen Welt für den musikalischen Theil der Concerte verantwortlich gemacht werde) wohl das Verlangen stellen dürfte, daß mir mindestens eine Mittheilung von dem Engagement einer Solokraft gemacht werde, zumal ich stets in wenigen Minuten zu erreichen bin, so hat mich selbstverständlich diese dritte, ganz ohne mein Wissen erfolgte Absetzung meines Werkes vom Programm in einer Weise verletzt und gekränkt, daß ich lange Zeit brauchen werde, um eine solche Behandlung zu verwinden. Nichtsdestoweniger werde ich meine Pflichten nach wie vor nach besten Kräften zu erfüllen suchen aber ich halte es auch für meine Pflicht der Concert-Direction schon jetzt mitzutheilen, daß ich positiv außer Stande sein werde in solcher Stimmung in dem Concerte zum Andenken an Mozart zu spielen.
Nachdem ich gelegentlich meiner „Sommertagsbilder” die oben geschilderte Erfahrung gemacht, nachdem ich im vorigen Jahre erfahren mußte, daß mein Harfen-Concert (welches der ausgezeichnete Harfen-Virtuose \Posse/ dringend zu spielen wünschte und welches ich überdies seiner Zeit auf Wunsch eines Mitgliedes des Concert-Direction speciell für ein Gewandhaus-Concert schrieb, lediglich damit Herr Schuëcker nicht gezwungen sei, sich mit einem der gewöhnlichen seichten Harfenstücke einzuführen) consequent zurückgewiesen ward, nachdem ich, seit dem Tod David’s, mich in die peinliche Lage versetzt sehe, jede meiner Compositionen selbst vorzuschlagen, wenn ich überhaupt irgendwie berücksichtigt zu sein wünsche, ist es mir klar geworden, daß die Concert-Direction nicht das allergeringste Interesse für die gelegentliche Aufführung irgend eines meiner Werke hat, und verspreche ich derselben daher, in Zukunft auch nicht mehr
(S. 88, Bl_052v)
um die zehn Minuten zu bitten, welche ich gemeiniglich im Laufe der 22 Concerte des Winters für mich als Componist glaubte in Anspruch nehmen zu dürfen. Demgemäß ziehe ich auch mein Vorspiel zu „König Manfred” für eines der nächsten Concerte zurück und werde ich einen erwünschten Ersatz dafür leicht finden.
Für gütige Gewährung eines Urlaubs für den 27st. Februar sage ich schließlich meinen verbindlichsten Dank, werde aber nicht davon Gebrauch machen und stelle mich also der geehrten Concert-Direction auch für diesen Tag wieder zur Verfügung.
In größter Hochachtung
ergebenst
Carl Reinecke
- Leipzig, 12. November 1889
- Umfang
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- 2 Blätter, 3 Seiten
- Bemerkung
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- Als "gesehen" unterzeichnet von den Direktionsmitgliedern: Dr. Günther, Dr. Lampe, Prof. Braune, Dr. Georgi, Limburger, Dompr[obst] Wendler, Trefftz, Wachsmuth, Ehrenstein
- Datum
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- 12.11.1889
- Personenreferenz
- Aufführungsreferenz
- Werkreferenz
- Schlagworte
- Bearbeiter
-
- mayer
- Bearbeitungsstatus
-
- fertig
- Statische URL
- https://musiclpz.dl.uni-leipzig.de/receive/MusicLpzLetter_letter_00000230
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