Carl Reinecke bittet um finanzielle Unterstützung für die Frau des Gewandhauspaukisten
Uebe und berichtet über eine gute Sängerin
Transkript
Leipzig, 29. Mai 1877
|voll bewilligt| |100 M [...]|
Verehrter Herr Limburger!
Die Frau unseres Paukenschlägers Uebe, welcher seit dem 26st. Januar krank darniederliegt
und jetzt zur Belebung seiner Kräfte gereicht ist, war Gestern bei mir und klagte
mir unter Thränen ihre Lage in der sie mit ihren drei Kindern ist, während die Pflege
des Mannes alle Mittel in Anspruch nimmt u.s.w. u.s.w.; ich kann schriftlich nicht
Alles wiederholen aber ich kann wohl sagen, daß mir die Frau den besten Eindruck und
ihre Rede den der vollsten Wahrheit machte. Sie bat nun in der bescheidensten Weise (S. 166, Bl_122) daß ich mich bei Concert-Direction [!] um eine wenn auch geringe Unterstützung verwenden
möge und ich entledige mich hiedurch meines Versprechens. Zwischen 5-6 Uhr kommt Frau
Uebe wieder zu mir, kann ich ihr dann vielleicht schon einige Hoffnung auf Erfüllung
ihres Wunsches machen? Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dem Ueberbringer dieses
ein Wort der Antwort geben könnten. Oder können Sie es auf eigene Verantwortung übernehmen,
Herrn Albrecht eine kleine Anweisung für Frau Uebe zu geben? Ueber Fräulein Rückward
kann ich Ihnen die Mittheilung machen, daß sie eine sehr empfehlenswerte Sängerin
mit prächtiger Altstimme und sehr guter, aristokratischer Vortragsweise ist. Da sie
schon zwei Nummern gesungen hatte als Ihre Mittheilung kam, konnte ich nicht mehr
mit ihr zu Ihnen kommen, weil ich überdies dem Conservatorium entwischt war, wo ich
bis 5 Uhr zu thun habe.
Stets Ihr hochachtungsvoll ergebener Carl Reinecke
