Carl Reinecke beurteilt die Qualität des Spiels von Konzertmeister Raimund Dreyschock
Transkript
Leipzig, 25. Oktober 1867
Hochgeehrter Herr Legationsrath!
Nachdem Sie wiederholt von mir verlangt haben, daß ich der Concert-Direction meine
Ansicht über die gegenwärtige Leistungsfähigkeit des Herrn Concertmeister Dreyschock
aussprechen möge, darf ich (nachdem ich nunmehr Gelegenheit gehabt habe, denselben
in drei Concerten zu beobachten) wohl nicht länger anstehen, Ihnen zu sagen, daß sich
dieselbe seit vorigem Jahre in keiner Weise wesentlich geändert hat, mithin nicht
als genügend zu bezeichnen ist, eine Ansicht, d[ie] auch seine Mitspieler mit mir
zu theilen scheinen. Einen günstigeren Ausspruch zu thun würde ich mit meinem Gewissen
nicht vereinigen können. Uebrigens erlaube ich mir noch die Bemerkung, daß der Mangel
an Zuverlässigkeit in dem Spiele des Herrn Dreyschock durch die Energie seiner Mitspieler
einigermaßen gedeckt wird, und wage ich deshalb die ergebene und freundliche Bitte
zu thun, ihm gegenüber einstweilen noch keine entschiedenen Maßregeln ergreifen zu
wollen.
